Aufklärung über Chancen und Risken des digitalen Zeitalters

Zu den Dingen, die ich für gefährlich halte, gehören der Glaube an Verschwörungstheorien und Esoterik einerseits sowie das Lächerlichmachen von Sorgen und Ängsten anderer Menschen andererseits. – Diese beiden Gefahren haben sich in einem aktuellen Thema überschnitten. Und dabei herausgekommen ist eine sehr aufklärungsbedürftige Aktion in öffentlichen Einrichtungen. Für die Aufklärung möchte ich gerne sorgen:

Die Sache hat sehr alltäglich begonnen: Eltern wollten im Sinne ihrer Kinder gerne etwas gegen behauptete gefährdende Strahlung von Mobilfunkgeräten tun. Und sie haben dafür ein Pickerl vorgeschlagen, das auf Geräte geklebt werden soll.

Ich halte davon nichts – und habe das im ersten Gespräch auch gesagt. (Die Kinder von Kristina und mir waren und sind alle recht früh mit den diversen Devices vertraut und entwickeln sich Gott sei Dank prächtig. Ich habe keinen Grund, auf konstruierte Gefahren zu reagieren. Es gibt auf dieser Welt genug reale Gefahren.) Trotzdem wollte ich die Eigeninitiative und das Engagement der aktiven Eltern nicht enttäuschen. Daher war ich nicht gegen die Verwendung des Pickerls. – Wie in allen anderen Lebensbereichen will ich nicht anderen Menschen meine Überzeugungen überstülpen, sondern Überzeugungen der Anderen akzeptieren, solange diese nichts einschränken, das nach meinen Überzeugungen richtig und wichtig ist. Wo es mögliche Einschränkungen gibt – und das kann man in diesem Fall so sehen – müssen Menschen eben miteinander reden und Lösungen finden. Das ist das Aufgabenfeld der Politik und das wäre auch hier die öffentliche Aufgabe gewesen.

Aber diese weitere Runde an Gesprächen, um die Sache wertschätzend und schlüssig „abzumoderieren“ ist in diesem Fall nicht passiert. So kam es zu dem Flüchtigkeitsfehler in der laufenden Arbeit, dass die Aktion eben umgesetzt wurde – nicht mehr und nicht weniger. Kosten für den Steuerzahler sind nicht entstanden. Aber das war schon genug, um Häme und Attacken von mehreren Seiten hervorzurufen, die zwar inhaltlich richtig, in der Argumentation aber teilweise maßlos überzogen und im Stil in manchen Fällen letztklassig sind. – Das soll mich aber nicht davon abhalten, einen Flüchtigkeitsfehler zu erkennen und auch auszubessern.

Das mache ich sofort mit einer seriösen Veranstaltung über tatsächliche „Chancen und Risken des digitalen Zeitalters“, und zwar als Podiumsdiskussion mit Expertinnen und Experten am 4. Juli. Details dazu finden sich hier. Zwei Vortragende haben erfreulicher Weise schon zugesagt. Ich habe auch schon Bürgermeister Alexander Vojta, der die Initiative der Eltern genauso wie ich zugelassen hatte, eingeladen, sich ebenfalls an der Veranstaltung zu beteiligen. Und zur Teilnahme werde ich Eltern und alle Beteiligten und Interessierten einladen, sich aus erster Hand zu informieren und alle Fragen, die da sind, auch wirklich zu stellen. Information und Wissen können viele Sorgen und Ängste ausräumen. Aber dafür müssen die Sorgen und Ängste zunächst ernst genommen werden. „Es gibt keinen Schaden ohne Nutzen“, wie man so sagt – denn zu dieser Informationsveranstaltung wäre es ohne die Vorgeschichte wohl nicht so schnell gekommen.

Es sei hier schon noch angemerkt, dass ich alles tue für Lebensqualität, eine gute Infrastruktur und Arbeitsmöglichkeiten, und auch in Gerasdorf auftrete gegen Technikfeindlichkeit und Fortschrittsverweigerung, und zwar leidenschaftlich. Wir haben daher im Arbeitsprogramm der Stadtregierung (auf Seite 44), das wir 2015 erarbeitet haben, die Schaffung besserer IT-Infrastruktur und speziell eines stärkeren W-LAN Netzes verankert. Klar gab es auch damals Bedenkenträger und die gibt es bis heute, aber wir haben uns durchgesetzt. Und es führt für uns kein Weg daran vorbei, wie andere Gemeinden auch hier voran zu kommen. Das Arbeitsprogramm wird seit 2015 konsequent abgearbeitet, weshalb die Chance groß ist, unsere Vorhaben so umzusetzen, ganz ohne Verschwörungstheorien oder Esoterik.

Nachtrag vom 03.06.2017, weil mich einige dahingehende Fragen erreicht haben:

Nein, es gibt keine Beschlüsse und keine Verträge, und wie schon gesagt ist kein Steuergeld geflossen. Das ist auch nie zur Diskussion gestanden und kommt nicht in Frage. Das Versäumnis ist einzig und allein, dass bei einer – leider sehr skurrilen – lokalen Aktion niemand „Stopp!“ gerufen hat. Das ist eine Lehre, aber auch die überschießenden Reaktionen darauf sind eine Lehre. Weitere Gespräche zu dieser Sache sind nicht notwendig, weil es keine Fortsetzung gibt und auch keine geplant war. Alle Beteiligten sind zur Podiumsdiskussion eingeladen. Notwendig ist Aufklärung, damit weniger Menschen auf Verschwörungstheorien und Esoterik hereinfallen – das gilt übrigens auch für das Feld von Markt und Wirtschaft, und für das Feld von Politik und Demokratie. Wenn zu diesen Themen Unsinn geschieht, gibt es viel weniger Aufregung im Netz. Das ist die dritte Lehre. In all diesen Bereichen kann man sich – sichtlich – nicht auf die Eigenverantwortung erwachsener Menschen verlassen. Und obwohl ich weiß, dass Informationsangebote hauptsächlich von jenen in Anspruch genommen werden, die sie am wenigsten brauchen, setze ich Hoffnungen in unsere Podiumsdiskussion am 4. Juli.

Ihr/Dein/Euer
Lukas Mandl

5 Gedanken zu “Aufklärung über Chancen und Risken des digitalen Zeitalters

  1. Sorry, aber als betroffener Elternteil wünsche ich mir, dass diese Pickerl asap wieder verschwinden. Ich wünsche mir nämlich, dass solche Esoterikverdummungen in einer öffentlichen Schule, in die mein Kind hingeht, nicht einmal gratis vorkommen. Im Gegenteil, die Schule sollte Kindern lehren, dass man auf solche Betrügereien (weil um nichts anderes handelt es sich), nicht reinfallen sollte. Wie komme ich dazu, dass meinen Kindern jetzt solcher Pickerlmüll übergestülpt wird? Danke.

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  2. Danke für die nachvollziehbare Darstellung. Am Ende ist Gerasdorf leider trotzdem zur Lachnummer geworden.

    Der wahre Schaden liegt in der Vorbildwirkung der Esoterik-Pickerl für die Schüler.

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  3. Da geht es nicht darum, jemanden seine Überzeugung „überstülpen“oder Überzeugungen der Anderen zu akzeptieren, solange diese nichts einschränken, das nach ihrer Überzeugungen richtig und wichtig ist. Physikalische Tatsachen kann man nicht diskutieren und esoterischer Blödsinn ist Blödsinn. Gerade in Bildungseinrichtungen sollten solche Betrugsmaschen als solche erkannt und bloßgestellt werden. Wenn in unserer Zeit von erwachsenen Menschen solche Pickerl überhaupt in Erwägung gezogen werden, dann hat es scheinbar in der Vergangenheit Defizite in ihrem Bildungsweg gegeben.

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